Ein Relikt der Hochseefischerei
Vom Aufstieg der Dampfschifffahrt und der Hochseefischerei – Heute ein Ein Zukunftsprojekt?
Mit der Ära der Dampfschiffe beginnt in Cuxhaven eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte: Aus einem bescheidenen Nothafen an der Elbmündung entwickelt sich einer der bedeutendsten Fischereihäfen Deutschlands. Im Rhythmus der ankommenden Eilzüge löschen Hochseefischer ihre Ladung, Händler feilschen um den frischesten Fang und verschicken ihn per Straße und Schiene bis ins Ausland. Ein Einblick in die maritime Vergangenheit des Alten Fischereihafens, die bis heute das Leben der Menschen und die Region prägt.

Seit Jahrhunderten wird entlang der Nordseeküste gefischt. Bereits im 16. Jahrhundert entsteht für die Fischerboote ein Nothafen in der Nähe der Flussmündung. Besonders die Fischer aus Blankenese und Finkenwerder, heute Stadtteile Hamburgs, segelten die Elbe hinauf, um Heringe und andere Fische in ihren Netzen zu fangen. Ihren Fang brachten sie auf die Hamburger Fischmärkte.
Erst mit der Industrialisierung wird die Fischerei zu einem rentablen Geschäft. Dank Cuxhavens günstiger Lage sowohl an der Elbe als auch in der Nähe der fischreichen Nordsee beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts die Planung eines Fischereihafens. Eine neu entstandene Eisenbahnverbindung nach Hamburg ermöglicht zudem den Transport größerer Warenmengen ins Inland.
Ein wichtiger Meilenstein für die deutsche Hochseefischerei erfolgt jedoch etwas weiter östlich: In Bremerhaven sticht 1886 der erste deutsche Fischdampfer, die „Sagitta“, in See. Als erstes Schiff dieser Art nutzte sie Dampfkraft sowohl für den Antrieb als auch für das Schleppnetzfischen.

Auch der Cuxhavener Fischhändler Dohrmann sieht Potenzial in dieser neuen Art der Fischerei und lässt 1891 den Dampfer „Cuxhaven“ bauen. Doch das Projekt scheitert: Ein einziges Schiff reicht nicht aus, um einen regelmäßigen Fischmarkt zu bedienen. Nach kurzer Zeit verkauft Dohrmann den Dampfer wieder, da er den Markt nicht wie erhofft beliefern kann.
Die Pioniere der Dampfschifffahrt waren ihrer Zeit voraus: Erst nach der Jahrhundertwende werden die großen Pläne in Cuxhaven, das damals noch zu Hamburg gehörte, verwirklicht. Für rund 1,5 Millionen Mark wird der Hafen zum Hochseehafen ausgebaut. Das Hafenbecken wird vertieft, und es entstehen zwei Packhallen.
1908 nimmt die Reederei Cuxhavener Hochseefischerei ihren Betrieb auf – mit 13 Fischdampfern statt nur einer „Cuxhaven“. Kurz darauf findet die erste Auktion auf dem neu eröffneten Seefischmarkt statt.
Rund um den Hafen entwickelt sich schnell eine lebendige Fischindustrie: Reparaturwerkstätten, Netzfabriken, Lieferanten und Handelsbetriebe siedeln sich an. Wichtige Infrastruktur entsteht, darunter das erste eigene Eiswerk und ein Fischversandbahnhof.
Nach dem Ersten Weltkrieg wird der Hafen erneut ausgebaut. Die heutige Struktur des Alten Fischereihafens stammt aus dieser Zeit: Auf der östlichen Hafenseite befinden sich die Auktions- und Packhallen, wo die Fänge gelöscht und am nächsten Morgen versteigert werden. Hinter den Hallen sind die Verarbeitungsbetriebe, Zulieferer und der Versandbahnhof angesiedelt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hafenbeckens liegen das Eiswerk und die Netzhalle sowie Versorgungsstationen für Proviant, Kohle und Wasser.

Im Jahr 1935 wird der neue Fischversandbahnhof eröffnet, der zu seiner Zeit der größte in Europa ist. Speditionen verschicken den Fisch im Takt der Eilzüge: In nur acht Stunden nach Köln, zehn Stunden nach Berlin und 18 Stunden bis nach München, transportiert in speziellen isolierten Waggons.
Schon vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zeigt sich, dass die Kapazitäten des Hafens nicht ausreichen. Der Bau des Neuen Fischereihafens wird begonnen, kommt jedoch mit Kriegsbeginn zum Stillstand, da der Hafen von der Marine genutzt wird. Die Fischerei beschränkt sich in dieser Zeit auf die Küstenregionen.
Nach dem Krieg erholt sich die Hochseefischerei nur langsam. Während die Fischereihäfen in Hamburg und Bremerhaven schwer beschädigt sind, bleibt Cuxhaven weitgehend verschont. Anfang der 1950er Jahre ist um den Alten und Neuen Fischereihafen ein wirtschaftliches Netzwerk entstanden, das 7000 Menschen beschäftigt.
72 Seefisch- und Heringsgroßhandlungen beliefern in dieser Zeit das gesamte Land. 26 Fischindustriebetriebe produzieren Konserven, Marinaden, Räucherfisch und Anchovis. Dazu kommen acht Krabbenbetriebe, vier Fischmehlfabriken sowie Eiswerke, Werften und zahlreiche Zulieferer wie Kisten- und Dosenfabriken.

In den 1950er Jahren wird Cuxhaven zu einem der bedeutendsten Fischstandorte Deutschlands. Doch schon damals werden die Folgen der Überfischung weltweit spürbar. Seit den 1970er Jahren wird der Fischfang durch Quoten und internationale Abkommen reguliert, was die wirtschaftliche Bedeutung der Fischerei in Cuxhaven verringert.
Dennoch bleibt die Fischereitradition in Cuxhaven lebendig: Von der Schleuse aus kann man noch heute große Trawler und Fischkutter beobachten, die im Hafen anlegen. Rund 35 Fischverarbeitungsbetriebe mit über 1000 Beschäftigten sind nach wie vor aktiv.
Am Alten Fischereihafen werden heute nur noch Krabben angelandet. Es ist an der Zeit, diesem historischen Ort eine neue Bestimmung zu geben – eine Verbindung aus alter Hafenromantik und neuer Begeisterung.
Alte Sehnsucht, neue Liebe – Ein Zukunftsprojekt

Der Alte Fischereihafen in Cuxhaven wurde 2016 durch die Plambeck-Holding vom Land Niedersachsen erworben und seitdem in der AFH Alter Fischereihafen Cuxhaven GmbH entwickelt und betrieben.
Der Alte Fischereihafen verkörpert die maritime Geschichte Cuxhavens, die historische Fischerei und zahlreiche Erinnerungen an vergangene Tage. Aktuell wird an einem innovativen Konzept gearbeitet, das den Hafen in ein modernes Zentrum für Genuss, Kultur und Erlebnisse verwandeln soll.
Schon heute lädt der Alte Fischereihafen zu Spaziergängen ein, bei denen es einiges zu entdecken gibt. Doch der wahre Blick richtet sich auf die Zukunft: Der Hafen soll das neue pulsierende Herzstück von Cuxhaven werden – ein lebendiger Ort, der die Geschichte und das Hafenflair der Stadt auf frische und ungezwungene Weise neu interpretiert.

In einer spannenden Mischung aus kreativen Ideen und norddeutschem Charme entsteht hier ein maritim geprägter Treffpunkt, in dem Genuss und Erlebnis im Vordergrund stehen. Manufakturen verschiedener Branchen und handwerkliche Fertigungen werden erlebbar gemacht: Gäste können ihr eigenes Craft Beer brauen, Kaffees aus aller Welt rösten und genießen, oder sich beim traditionellen Krabbenpulen probieren, um den fangfrischen Geschmack direkt zu erleben.

Zudem wird regionaler Seefisch in einer Kochwerkstatt unter Anleitung zubereitet, und in der „Cuxhavener Werkstatt“ kann man handwerkliche Fähigkeiten erlernen, wie das Bauen eines Holzkanus oder das Anfertigen von Möbeln und Schmuckstücken. Der Alte Fischereihafen wird so zu einem Ort, an dem Tradition und Innovation auf einzigartige Weise miteinander verschmelzen.
Bisher hat sich am Alten Fischereihafen noch nichts getan. Man darf gespannt sein, denn 2026 soll die Eröffnung des neu gestalteten Areals und „Zukunftprojektes“ sein.
Weitere Infos zum Projekt AFH findet ihr hier: ww.afh-cuxhaven.de
Alter Fischereihafen Cuxhaven: Dugekai, 27472 Cuxhaven